Sei rein und einfach

"Bei keiner Übung kann es eine Stufe geben,
auf der jemand denkt, er habe alles erreicht."

Sei rein und einfach

Bei keiner Übung kann es eine Stufe geben,
auf der jemand denkt, er habe alles erreicht.

Solch ein Gefühl der Vervollkommnung steht schon in sich selbst dem Üben des Weges entgegen.

Ein Mann, der mit seinen Ergebnissen das ganze Leben unzufrieden war,
obwohl er von ganzem Herzen bis zu seinem letzten Atemzug übte,
hat rückblickend sein Ziel erreicht!

Rein und einfach zu werden und Konzentration zu pflegen,
ohne mehr als ein Ziel zu verfolgen,
ist eine schwierige Lebensaufgabe.

Das Verfolgen eines Zieles führt einen Menschen niemals  auf den Weg,
wenn es nicht in reinem und klarem Geist geschieht.

Die Lektion spricht jungen bis fortgeschrittenen Kriegern Mut zu,
Ihr karges, von Training geprägtes Leben zu akzeptieren.

Was trainieren die Samurai? Schwertkampf, Aikido, körperliche Fitness.
Kann es hier den einen perfekten Zustand geben? Sicher nicht!

Alleine schon, weil bei Stopp des Trainings aufgrund von “vermeintlich erreichter Perfektion”
sofort dieser perfekte Zustand schwinden würde.

Im Grunde beschreibt diese Lektion die Zeitachse zwischen Übung und Routine.
Dass die Routine nie perfekt sein wird, ist nicht enttäuschend,
sondern soll als Motivation angesehen werden.

Die Konzentration, der klare Geist sollen Indiz des Erfolges gesehen werden.
Die Routine hält Einzug, die Übung ist transzendiert, geht in Fleisch und Blut über.

Dieser Zustand ist der angestrebte Erfolg – ist man dennoch unzufrieden,
steigert sich durch Anwenden dieses Mindsets dauerhaft die Qualität der eigenen Handlung.

Unzufriedenheit – was für ein blödes Wort!
Aber was wird von jungen Führungskräften am meisten erwartet? Dass Sie hungrig sind!
Dass Sie kontinuierlich Erfolge anstreben und sich nicht auf verdienten Lorbeeren ausruhen
und den Moment eines einzelnen Erfolgs zu lange genießen.

Diese Lektion sagt der Überheblichkeit den Kampf an!
Die Übung geht ein Leben lang und endet nicht an einem Punkt.

Der Verdienst dieses Mindsets ist eine ausgeglichene Art,
denn man kann mit Fug und Recht behaupten, alles gegeben zu haben!

Bringen Sie die Dinge zu Ende! Auch wenn das mitunter Überstunden bedeutet.
Im Sport: Machen Sie Ihre Übungen und schalten Sie dabei bewusst ab.

Lassen Sie z.B. beim Joggen den Geist transzendieren, den Körper verlassen.
Wenn Sie an Ihre Grenze kommen, genießen Sie die Unzufriedenheit, die Errschöpfung.
Beim nächsten Mal versuchen Sie erneut an diesen Punkt zu kommen.

Und wenn dieser finale Punkt erreicht ist, und Sie unzufrieden sind, weil es nicht 5% mehr sind,
dann ist das genau richtig – denn Sie üben aktiv den Weg und erreichen Ihr bestes Ergebnis.

Ein perfekter Moment des “rein und einfach seins” bildet das Sportfoto des Jahre 2014 ab.
Der traurige Lionel Messi schaut auf die WM Trophäe.

In diesem Moment ist er kein Gewinner, dennoch ist er einer der besten Fußballer der Welt.
Eine solche Erfahrung mag geprägt sein vom Schmerz, von Niederlage, von Unzufriedenheit.
Dennoch ist er sehr weit gekommen, viel weiter, als es z.B. ein eifriger Amateur-Fußballer je bringen wird.

Auch ist der Moment des “zweiten Platzes” die tatsächlich echtere Erfahrung.
Der Gewinner sonnt sich kurz im Ruhm, kann aber auch schnell daran scheitern,
wenn er überheblich wird oder nicht beim nächsten Turnier wieder gewinnt.
Und wer gewinnt schon dauerhaft?

Das Verlieren hingegen prägt den Geist und formt die angesprochene Reinheit.
Es ist wohl in diesem Fall die privatere, prägendere Erfahrung,
da das Verarbeiten individueller ist als beim Sieger, der von allen bejubelt wird.

Das Hagakure Mindest ist nichts für Überflieger – es appeliert an die 99% der Rest der Welt,
sich durch eigene Anstrengung und Fokussierung auf das Wesentliche
in eine nützliche und final bestmögliche Person seiner selbst zu verwandeln.

Und im Finale einer Fußballweltmeisterschaft zu verlieren – davon sind wir alle weit entfernt.
Der Verlierer ist in dieser Situation dennoch ein Gewinner, wenn man bewertet,
wie hart er üben musste, um dahin zu kommen, wo er nun steht.

"Einfachheit ist die höchste Form der Vollendung"

Clare Boothe Luce